Dabei sein ist alles!

Strategie ist immer noch beliebt. Hat man irgendwelche Unklarheiten und Schwammigkeiten, werden diese elegant dem Themenkreis „Strategie“ zugeschoben. Und so genau kann man das ja eh nicht wissen, betrifft ja eigentlich die Zukunft und die ist ja bekanntlich unsicher.

Trotzdem ist das Diskutieren über die Zukunft in vielen Firmen noch attraktiv. Oft verpackt in extern begleitete Strategie-Veranstaltungen – mit geselligem Beisammensein und Übernachtung in schöner Umgebung – wird eifrig am eigenen Schicksal gearbeitet. Und unterhaltend muss der Arbeitsprozess natürlich auch sein – „Sonst schlafen die Leute ja ein, also lassen Sie sich da was Knackiges einfallen, etwas Neues, das überrascht und uns fordert. Aber bitte nicht überfordert, sonst ist der Vorstand irritiert. Wir brauchen übrigens auch eine neue Kultur, mit mehr Dynamik und Spritzigkeit. Und Offenheit, Sie wissen schon, ehrlicher Austausch und so. Diesen Punkt sollten Sie als Moderator bitte einbringen, unsere Führungskräfte leben das noch nicht so ganz vor. Das wird schon gut klappen!“

Dabei könnte alles sehr einfach sein. Strategiearbeit in Blöcke aufteilen:

  • Strategiearbeit für Dummies Teil I: Im Nebel das Ziel erkennen!
  • Strategiearbeit für Dummies Teil II: Auf geht’s – aber welchen Weg nehmen?

 

Den dritten Teil traue ich mich gar nicht groß anzuführen, denn die Umsetzung des festgelegten Weges ist ja „sowieso selbstverständlich Teil unserer Unternehmenskultur“. Aus meiner Sicht bleibt sie als große Herausforderung übrig.

An Konsequenz und Dranbleiben glaubt sowieso fast niemand mehr – „Dieses Thema hatten wir hier schon öfter, da hat sich trotz starker Ankündigungen nicht viel getan…“, man agiert daher flexibel und verhaltenskreativ, redet viel und wichtig.

Aber wie aus dem Dickicht des strategischen Dschungels entkommen?

Hilfreich ist es in Bewegung zu kommen. Und zwar in die gewünschte Richtung. Das bedeutet, neben der Gestaltung des gewünschten Zielbildes, gleich ein paar Schritte in die richtige Richtung zu gehen. Nämlich unmittelbar, noch im Rahmen der Strategieveranstaltung.

Wenn es also um das Thema Offenheit, als zukünftig gewünschtes Kulturattribut geht, können Führungskräfte erlebte Geschichten und Abenteuer zum Besten geben. Sie sind Vorbild und Vorreiter im Handeln – wenn sie offen über Einschätzung, oder sogar Unsicherheiten berichten (ohne sich dabei abzuwerten), werden Mitarbeiter entsprechend folgen.

Ich empfehle vor der Strategiearbeit mit den Führungskräften den Rahmen festzulegen. Die Ergebnisse sollen ja auch zur Haltung und Führungsmannschaft passen. Zu Überzeugungen und Eigenheiten zu stehen bedeutet diese deutlich zu artikulieren und wo gewünscht als unverrückbar darzulegen. Es macht also keinen Sinn diese breit im Arbeitsprozess zu hinterfragen – solange dieses Team hier führt ist das die Spielwiese und das sind die Spielregeln.

Nicht zu viel anhäufen oder: „Vorsicht vor der Strategieblase“

Wird über Zukünftiges gesprochen sammeln sich viele Aspekte, Anregungen und Handlungsoptionen. Diese gilt es abzubauen, um keine Strategieblase entstehen zu lassen. Energien und Impulse also nach Möglichkeit aufgreifen und erste Handlungen setzen. Dann wird die Wahrscheinlichkeit für weitere Aktivitäten entsprechend erhöht. „Walk the talk“ könnte also Strategiearbeit für Dummies Teil III sein. Klingt verdächtig banal und einfach. Ist aber nach meiner Erfahrung noch immer die größte Herausforderung.

Nämlich die Erkenntnisse unmittelbar in den Alltag mitnehmen zu können, um damit das gewünschte Verhalten zu bestärken und tatsächlich Veränderung zu ermöglichen.

Es darf auch gelacht werden

Einen Aspekt hätte ich fast vergessen, den humorvollen. Denn wer lacht, fürchtet sich nicht – auch nicht vor der (eigenen) Zukunft. Humor nimmt die Angst, löst Blockaden und ermöglicht Veränderung ohne Verlierer.

Wenn in einer von mir begleiteten Strategiearbeit also plötzlich ein Arbeitskollege im weißen Kaftan als „Weiser aus dem Morgenland“ den Kleingruppen gute Tipps gibt und lästige Fragen stellt, ist das durchaus gewünscht. Wir wollen uns inspirieren, hinterfragen und auch ein wenig irritieren – dann kann Neues entstehen.

Und angeblich hat da am Strategietag auch schon einmal einer gesungen …

Ich empfehle folgende weiterführende Literatur

  • Zum Thema „Rahmen fixieren“:
    Veränderungen verändern – Das Relationale Veränderungsmanagement, Sonja Radatz, Verlag Literatur-VSM
  • In Richtung „Schlanke bzw. agile Arbeit an der Zukunft“:
    Effectuation – Wie erfolgreiche Unternehmer denken, entscheiden und handeln, Michael Faschingbauer, Verlag Schäffer Poeschl
  • Zum Thema „Mit dem ganzen System arbeiten“:
    Future Search – Die Zukunftskonferenz – Wie Organisationen zu Zielsetzungen und gemeinsamem Handeln finden, Marvin Weisbord und Sandra Janoff, Verlag Klett-Cotta