Die Organisation – lebendes System oder triviale Maschine?

Wenn man sich dieser Fragestellung aus der systemischen Haltung annähert kommt einem die Unterscheidung in „lebende“ und „nicht lebende Systeme“ in Erinnerung.

Wenn man Unternehmen als nicht-lebende Systeme versteht, dann passen Beschreibungen wie „Die Organisation verhält sich wie eine Maschine“ die gut läuft, oder „dieses Problem mit der Führung müssen wir mit den passenden Werkzeugen reparieren“. Da kann man schnell den Eindruck bekommen, dass der Mensch mit seinen „Ungeschicklichkeiten“ die „reibungsfreien Abläufe“ behindert oder sogar stört. Solche Gedanken lassen wir deshalb rasch hinter uns und widmen uns hilfreicheren Betrachtungen: nämlich den „lebendigen“ Organisationen. Durch den Faktor Mensch wird die Organisation zum sozialen bzw. psychischen System und damit auch dynamischer und vielfältiger als eine triviale Maschine. Leider gibt es noch immer Bereiche, wo der Mensch – eigentlich eine nicht triviale Maschine – als triviale Maschine arbeiten muss, aber für diese Überwindung bekommt er zumindest seinen Lohn!

Im EFQM-Ansatz bringt Diversität die gewünschte Vielfalt in der Zusammenarbeit der Menschen. Damit verbunden ist die kreative, innovative – und zum Teil auch disruptive – Denkhaltung ein wesentlicher Bestandteil, um Mehrwert zu schaffen und eine verbesserte Leistungsfähigkeit zu erzielen. Um die Buntheit passend zu begrenzen und auszurichten werden über eine gemeinsame Unternehmenskultur gewünschte Verhaltensnormen geteilt.

 

Modellierung des Ecosystems – Organisationsaufstellung am Papier?

Wenn wir nun vom Menschen ausgehend zur Organisation weitergehen und diese in ihrem relevanten Umfeld betrachten, treffen wir auf einen neuen Begriff aus dem EFQM-Modell 2020: das Ecosystem. Definiert wird dieses als das Umfeld und die Systeme außerhalb der Organisation, von denen die Organisation beeinflusst wird, bzw. die von ihr beeinflusst werden. Diese gegenseitigen Abhängigkeiten gilt es gut zu erkennen, zu steuern und zu entwickeln.

 

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Durch die systemische Brille betrachtet leuchtet dazu der Begriff des „Kontextes“ auf. Dieser gibt den notwendigen Rahmen und dem Handeln damit Sinn.

Das Verbindende zwischen EFQM-Ansatz und der systemischen Betrachtung ist der Anspruch, Klarheit über das Ecosystem bzw. den Kontext zu erlangen. Ähnlich einer Organisationsaufstellung sollen Systemteile identifiziert und passend zueinander positioniert werden. In weiterer Folge werden die Wechselwirkungen zwischen den Systemelementen betrachtet, Muster erkannt, Interaktionen hinterfragt und bei Bedarf (um-)gestaltet.

Es erfolgt also eine modellhafte Betrachtung des Ecosystems, oft in vereinfachter grafischer Darstellung bzw. Visualisierung. Diese Wirklichkeitskonstruktion (Anmerkung: systemische Konstruktivisten mögen sich an dieser Stelle entsprechend gewürdigt fühlen) reduziert die komplexe, „echte Landschaft“ auf eine handhabbare und kommunizierbare Landkarte. Und damit können Themen konkret benannt, angesprochen, bewertet, bearbeitet und gemanagt werden.

 

Wenn man ein Muster erkennt, hört dann das Forschen auf?

Der Mensch versucht im Rahmen seiner Wahrnehmung immer Muster zu verstehen. Erkennen kann er aber nur jene Teile, die er bereits in sich angelegt hat und damit „wiedererkennt“. Demgemäß kann die Modellierung des Ecosystems auch anstrengend sein, da man erfahrungsgemäß nicht alle Elemente bzw. deren Einfluss kennt. Aber genau darin liegt der Vorteil, wenn man diese Gestaltung in der Gruppe macht – vielleicht mit neuen Kolleg*innen oder sogar extern Beteiligten oder Betroffenen.

Da kann man den eigenen Denkrahmen erweitern, durch aktives Zuhören neue Positionen und Blickwinkel auf die Landschaft nachvollziehen und eigene blinde Flecken beleuchten. Diese Forscherrolle wird speziell auch im EFQM-Ansatz gefördert. Nämlich durch neue Modellinhalte, die viele Organisationen noch nicht erkannt und damit nicht auf ihrem persönlichen RADAR haben (Anmerkung: erfahrene EFQM-Assessor*innen mögen an die RADAR-Logik erinnert und sich an dieser Stelle ebenfalls gewürdigt fühlen).

Und wo könnten solche unerforschten Gebiete liegen? Für viele Organisationen ist im Nebel noch nicht ausreichend sichtbar geworden, dass Beiträge und positive Mitgestaltung der ökonomischen, ökologischen und sozialen Rahmenbedingungen sehr willkommen sind.

 

Betreten wir also zusammen Neuland, um uns selbst zu entdecken und eine Kultur des gemeinsamen Tuns (Co-Creation) zu fördern. Und jeder hat die Chance durch den ersten Schritt hilfreiches Vorbild für alle anderen zu sein. Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten und kontaktieren Sie mich gerne!

Mit exzellenten Grüßen, Johann Sauermann