Greta Thunberg führt uns aktuell eindrucksvoll vor Augen, was schon lange Realität ist. Die Art und Weise wie wir in unseren gegenwärtigen Wirtschafts- und Geschäftsmodellen Ressourcen verbrauchen, wird langfristig nicht mehr funktionieren.

Der Begriff „verbrauchen“ sagt Alles

Wir entnehmen der Natur Rohstoffe, be- und verarbeiten diese zu Produkten, die wir dann nutzen bzw. verbrauchen und letztendlich wegwerfen. Eine der aktuell wichtigsten Kennzahlen zur Leistungsfähigkeit eines Landes, einer Volkswirtschaft – das Bruttonationalprodukt / pro Kopf – wird besser, wenn wir mehr wegwerfen, neu kaufen und rücksichtslos verschwenden.

Auch Transport ist sehr günstig – Ressourcen wie Treibstoff, Straße und Luft werden einfach verbraucht, nur weil beispielsweise Lebensmittel aus weiter Ferne geringfügig billiger sind als regionale Produkte. Allfällige Folgen für Klima und Umwelt, Gesundheitsschäden durch Lärm und Schmutz werden oft unzureichend bepreist. Erst wenn Knappheit gegeben und hohe Kosten damit verbunden sind wird sorgsam vorgegangen und für Wiederverwertung oder Recycling gesorgt.

Circular Economy als nachhaltige Grundlage

Kreislaufwirtschaft (Circular Economy) verfolgt hier ein völlig anderes Grundmodell, das deutlich mehr als nur Material- und Energieeffizienz beinhaltet. Es geht darum, Produkte so zu gestalten, dass sie möglichst lange in Verwendung bleiben, auch in Sharing-Modellen gemeinsam genutzt werden und auch reparierbar, ertüchtigbar, umbaubar oder zumindest auf Materialebene recyclingfähig sind.

Folgender Überblick der EllenMcArthur Foundation verdeutlicht vergleichsweise einfach das geänderte Grundmodell – sowohl für technische Produkte als auch für biologisch Erneuerbares wie beispielsweise Lebensmittel. Produkte und Materialien werden möglichst im Kreislauf geführt. Es fällt viel weniger Müll an, der dann in entsprechender Form als Rohstoff für Recycling oder für die Verwertung in biologischen Umbauprozessen geeignet ist.

© Ellen MacArthur Foundation

Bedrohung oder Chance?

Dieser Ansatz kann als Nachteil für bestehende Wertschöpfungsströme gesehen werden, oder aber als Chance und Potenzial für neue Geschäftsmodelle. Insbesondere Modelle die Sharing, Service, Produkterhalt, Umnutzung und Modernisierung betreffen und meist auch arbeitsintensiv sind, zählen zu den Gewinnern.

Das mittlerweile in Bewegung geratene Bewusstsein vieler Konsument*innen, Schwerpunkte im neuen Regierungsprogramm und die Erfolge von Fonds die in Unternehmen mit Kreislaufwirtschaft investieren zeigen, dass aktives Aufgreifen von Circular Economy höchst wichtig ist. Auch der in Österreich durch die Quality Austria gestützte Standard „Cradle to Cradle“ ist hier wichtiger Motor und kennzeichnet derartige Produkte.

WCEF – Forum für eine nachhaltige Zukunft

Im World Circular Economy Forum 2019 in Helsinki wurden Beispiele aufgezeigt wie extrem und ambivalent die Gegenwart ist:

Ein Drittel aller Lebensmittel wird in der Wertschöpfungskette zu Müll und weggeworfen. Auch andere Produkte, die wir produzieren, transportieren und handeln werden nicht genutzt. Am Beispiel Helsinki hochgerechnet, würden bei optimaler Nutzung aller Autos nur ungefähr 4% der aktuell vorhandenen Autos gebraucht werden.

Neue digitale Geschäftsmodelle tragen einerseits oft dramatisch zum „wegwerfen“ bei (billige Retouren werden oft einfach entsorgt). Andererseits stellen digital basierte Plattformen die Grundlage erfolgreicher Sharing-Ökonomie dar. Bei diesen Modellen werden Konsument*innen nicht mehr zu Endverbraucher*innen von Gütern, sondern zu Nutzer*innen und Anwender*innen mittels „pay per use“ mit anschließender Instandhaltung und Weitergabe an neue Nutze*innen.

Das würde bedeuten deutlich weniger Produkte zu produzieren, diese aber in völlig anderem Design – reparierbar, instandhaltbar, in höherer Qualität und langlebig. Produkte werden nicht mehr für Einzeleigentümer*innen gemacht, sondern für die Nutzung durch Communities.

Positive Transformationsperspektiven

Viele konkrete Beispiele wurden in Helsinki gezeigt und auch große multinationale Konzerne wie IKEA oder PHILIPS präsentierten überzeugend innerhalb des kommenden Jahrzehnts (bis 2030) nur mehr auf Produkte zu setzen, die auch die Fähigkeit zur Kreislaufwirtschaft haben.

In der Transformation sind alle Organisationen – von Regierungen bis Unternehmen und NPOs – gefordert, ihr Herangehen für die langfristige Zukunft zu überdenken. Es erfordert Vernetzung unserer Wirtschaft, kollektive Anstrengung und gemeinsames Verändern mit mehreren, auch schon kurzfristig wirkenden Haupthebeln.

Make things happen!

Natürlich verändert der Zugang „Kreislaufwirtschaft“ die gesamte Innovation, das Produktdesign und insbesondere auch Lieferketten. Es gilt Handlungen zu überprüfen, Strategien zu reflektieren und zu überarbeiten. So ist beispielsweise das Verändern der Beschaffung, das Einfordern von Circular Economy konformen Produkten ein Vorgehen, das alle Organisationen unmittelbar umsetzen können – dies erzeugt eine Sogwirkung und verändert die Handlungsweise aller Beteiligten. Diesen Hebel haben wir übrigens auch als Verbraucher*innen und Konsument*innen in der Hand.